Medien zwischen Macht und Ohnmacht. Wie Journalismus Vertrauen zurückgewinnen kann

Medien zwischen Macht und Ohnmacht. Vertrauen ist Handwerk: Was Nübel, Rölle und Zaboura Medien jetzt raten – und was fehlt

Dieses Buch trifft einen Nerv. Rainer Nübel, Daniel Rölle und Nadja Zaboura blicken in „Medien zwischen Macht und Ohnmacht. Wie Journalismus Vertrauen zurückgewinnen kann“ auf eine Branche, die zwischen moralischem Anspruch, ökonomischem Druck und digitaler Kakophonie zerrieben wird. Ihr Plädoyer: Journalismus kann Vertrauen zurückgewinnen – aber nur, wenn er sich verändert. Das ist erfrischend konkret, weitgehend praxisnah und an vielen Stellen unbequem für Redaktionen. Und doch braucht es eine realistische Einordnung: Nicht jede Stellschraube liegt in der Hand von Journalistinnen und Journalisten.

Das Autorenteam verhandelt die zentrale Frage unserer Medienzeit: Wie lässt sich Glaubwürdigkeit wieder aufbauen, wenn Widerspruch lauter ist als Zustimmung und Plattformlogiken Aufmerksamkeit belohnen, nicht Einordnung? Die Diagnose ist klar: Vertrauensdefizite haben weniger mit „bösem Willen“ zu tun, sondern mit Routinen, Blindstellen und Strukturen, die Relevanz zu oft hinter Reichweite stellen.

Medien zwischen Macht und Ohnmacht – nicht nur eine Analyse

Die intellektuelle Klarheit und praktische Relevanz des Werks stechen hervor. Statt nur zu kritisieren, liefern die Autor*innen konstruktive Vorschläge – ein wohltuender Ansatz in einer Debatte, die oft zwischen Empörung und Resignation pendelt. Das Buch verbindet geschickt Medienpraxis, -analyse und -kritik mit Medienbildung und journalistischer Transparenz.

So wichtig und lesenswert das Buch ist, so muss doch eine realistische Einschätzung seiner Lösungsvorschläge erfolgen. Die zentrale Herausforderung liegt darin, dass sich bereits ein erschreckend großer Teil der Bevölkerung überhaupt nicht mehr für klassische Nachrichten interessiert und sich hauptsächlich über algorithmisch kuratierte Social-Media-Feeds informiert. Die Reformierung bestehender journalistischer Formate kann daher nur begrenzt wirken, wenn die Zielgruppen bereits anderweitig medial sozialisiert sind.

Medien zwischen Macht und Ohnmacht – für jedes Publikum konzipiert

Das Werk richtet sich gerade deswegen bewusst an ein breites Publikum – eine kluge Entscheidung, da journalistische Arbeit und deren Rezeption ein gesamtgesellschaftliches Thema ist. In digitalen Zeiten, in denen potenziell alle zu Kommunikator*innen werden, ist Medienkompetenz keine Fachfrage mehr, sondern eine demokratische Grundkompetenz.

Die Autorinnen haben ein Werk geschaffen, das zwischen der notwendigen Selbstkritik der Medienbranche und konstruktiver Reformhoffnung navigiert. Es ist ein „Weckruf für die Medienlandschaft“, der gleichzeitig Räume für Dialog öffnet – auch für Leserinnen, die sich bereits von klassischen Medien entfremdet haben.

Die Expertise des Autorenteams ist beeindruckend: Rainer Nübel bringt 30 Jahre journalistische Erfahrung mit, davon 19 Jahre beim Stern, Daniel Rölle ist Professor für Forschungsmethoden und Statistik, und Nadia Zaboura vereint Kommunikationswissenschaft mit praktischer Medienerfahrung.

Verlag: https://www.hirzel.de/

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